"Weißt Du die Wurzel alles meines Übels? Ich möchte der Kunst leben, an der mein Herz hängt,
und muß mich herumarbeiten unter den Menschen, daß ich oft so herzlich lebensmüde bin. Und warum das?
Weil die Kunst wohl ihre Meister, aber den Schüler nicht nährt. Aber so etwas sag' ich nur Dir.
Nicht wahr, ich bin ein schwacher Held, daß ich die Freiheit, die mir nöthig ist, mir nicht ertroze.
Aber siehe, Lieber, dann leb' ich wieder im Krieg, und das ist auch der Kunst nicht günstig.
Laß es gut seyn! Ist doch schon mancher untergangen, der zum Dichter gemacht war. Wir leben in dem Dichterklima
nicht. Darum gedeiht auch unter zehn solcher Pflanzen kaum eine."
[Friedrich Hölderlin, Brief an seinen Bruder,
Frankfurt, 12 Febr., Abgegangen 14 März. 1798]
Am 17. Februar 2020 begegnete ich Peter Grohmann während der 501. Stuttgarter Montagsdemonstration.
Nach kurzem Gespräch, holte er "Hölderlin, Ein Portrait", das neueste Buch von Frank Ackermann, und schenkte es mir.
Darin entdeckte ich - 222 Jahre nach seiner Verfassung - den oben zitierten Brief.